Klangreise setzt Phantasie keine Grenzen
Musikalischer Gottesdienst mit Jugendkantorei und Jazztrio

10.06.2025 - Lauterbacher Anzeiger
Klangreise setzt Phantasie keine Grenzen
Lauterbach (eig). Es war ein regelrechter Wald von Becken, Drums, Glocken, großen und kleinen Trommeln, Marimbafonen, Xylofonen und vielen weiteren Perkussionsinstrumenten, der sich am Sonntagabend im Altarraum der Lauterbacher Stadtkirche erstreckte. »Die große weite Welt des Schlagzeugs, soweit die Bühne das zulässt«, kündigte Jan-Frederick Behrend an, der mit seinen Kollegen Finn Hennes, Francisco Manuel Anguas Rodriguez und Sönke Schreiber von der Hamburger Musikgruppe »Elbtonal Percussion« bei den 51. Lauterbacher Pfingstmusiktagen auftrat.
Die vier Musiker aus dem hohen Norden waren vor 15 Jahren schon einmal auf den Pfingstmusiktagen in der Vogelsberger Kreisstadt zu Gast. In der Zwischenzeit ist ihre Popularität nur gewachsen. Aber nicht nur die Stammgäste unter den zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörern konnten gespannt auf ein rund zweistündiges Konzert sein, bei dem nicht nur kein einziger Gesang durchs Kirchenschiff hallte, sondern auch weder Tasten-, Saiten- noch Blasinstrumente in irgendeiner Weise beteiligt waren. Einzig und allein das Schlaginstrument gab den Takt an - das aber in seinen vielfältigen Bauformen und Variationen. Zwar nicht die heimische Elbe, dafür aber den »Madeira River« von Philip Glass ließen die vier Schlagzeuger in faszinierender Weise mit Hilfe von Xylofon und Glocke in gedankenverlorenen Klangfolgen dahinfließen. Ein Stück japanischer Trommelkultur stellte das zeitgenössische Stück »Su-Ha« von Stephan Krause dar. Sehr beliebt bei den Schlagzeugern ist Altmeister Johann Sebastian Bach. Bei seinem Stück Allemande aus der Cello-Suite Nr. 6 ersetzte die Marimba das namensgebende Cello.
Einen spektakulären Höhepunkt stellte die Solodarbietung von »A Cool Gadget« (Casey Cangelosi) dar. Geräusche und Toneffekte erzeugten im Gehörgang unwillkürlich die Vorstellung, sich mitten in einem schillernden und fesselnden Videospiel zu befinden. Sehr experimentell war im Gegensatz dazu die Darbietung von »Musique de Table« (Thierry de Mey). Behrend, Rodriguez und Schreiber »zeichneten« hierbei zu dritt mit ihren bloßen Händen kratzend und streichend einen rhythmischen Klang auf Holztischplatten. Das Volkslied »Ghanaia« aus Ghana bot dann eine beschwingte Reise durch die traditionelle Musikkultur Westafrikas.
Ein weiteres Mal Bach, in diesem Fall die Toccata ohne Fuge, hatte das Quartett zum Start in seine zweite Konzerthälfte auf dem Programm. Sehr lang, aber auch sehr ausdrucksstark und spirituell wirkte das »Marimba Special« des japanischen Komponisten Minoru Miki. Die sphärischen Klänge der von Behrends arrangierten Fassung von »Daydreaming« der britischen Band »Radiohead« passten zum Ausklang wunderbar hinein in das große Kirchenschiff.
Quelle: Lauterbacher Anzeiger, "Klangreise setzt Phantasie keine Grenzen", 10.06.2025