Nordische Klangmagie mit der »Kantele«

»Duo Ruut« aus Estland entführt das Publikum in eine andere Welt

Lauterbacher Anzeiger: "Nordische Klangmagie mit der »Kantele«" - 22.05.2024
Mit zweistimmigem Gesang bringen Ann-Lisett Rebane (links), von Katariina Kivi mit dem Vio- linbogen unterstützt, das Publikum zum Staunen. Foto: von Dietze

22.05.2024 - Lauterbacher Anzeiger

Nordische Klangmagie mit der »Kantele«

Pfingstmusik: »Duo Ruut« aus Estland entführt das Publikum in eine andere Welt

Lauterbach (ditt). Wer bisher nicht wusste, um welches Instrument es sich bei der »Kantele« handelt, der konnte diese »Lücke« bei einem wahrlich ungewöhnlichen Konzert mit Ann-Lisett Rebane und Katariina Kivi, zwei jungen Musikerinnen aus Estland, im Rahmen der »50. Lauterbacher Pfingstmusiktage« im Saal des Posthotels Johannesberg nun schließen.

Völlig unspektakulär ruht die »Kastenzither«, vorwiegendin Finnland, aber auch in Estland und Nordwestrussland verbreitet, auf einem Keyboardgestell, einzig verstärkt mit einem kleinen Mikrofon, und wird von den beiden Künstlerinnen, die nach der herzlichen Begrüßung durch Carsten Kern zunächst auf deutsch, dann aber in englischer Sprache mit dem überaus interessierten Publikum kommunizieren, vierhändig gespielt, teilweise auch mit perkussiver Bearbeitung des Korpus sowie einem Violinbogen. So gelingt es ihnen scheinbar mühelos, diesem außergewöhnlichen Instrument unglaublich viele unterschiedliche Töne zu entlocken, dass es fast so wirkt, als wäre eine ganze Band im Einsatz. Dazu singen die estnischen Musikerinnen zweistimmig und entfalten wahrhaftig eine völlig in den Bann ziehende sphärische und rhythmische Klangvielfalt zwischen baltischer Folklore und Softpop – eine für unsere Ohren teilweise bisher ungewohnte Mischung.

Ehe die Musikerinnen Ann Lisett Rebane und Katariina Kivi mit ihrer Experimentierfreude, Ausdauer und Fleiss als »Duo Ruut« erste Preise 2020 und 2022 in Estland für ihr harmonisches Zusammenspiel und eigenes »Songwriting« erhielten, mussten sich sich mit der »Kantele«, dem »stupid« (verblüfffenden) Instrument erst einmal vertraut machen und so wanderte es von den Knien dann schließlich auf ein Gestell. Auch ihr Gesang, davon vieles selbst komponiert, ist zum großen Teil von der Tradition ihrer estnischen Heimat inspiriert, stammt aber auch aus anderen Kulturen und zieht seine Zuhörer unweigerlich in die unglaublich langen und eisigen Winter von Estland, ohne dass es bedrohlich wirkt. Die Menschen dort bewältigen es in Gelassenheit und das spiegelt auch die Musik der völlig in ihre Klänge eingetauchten Künstlerinnen wider, die sich seit ihrem ersten Zusammentreffen im Jahr 2017 stetig weiterentwickelt haben.

Während der Pause, die das sympathische Duo gerne zur näheren Kontaktaufnahme mit den Zuhörern nutzt, ergriffen einige Besucher die günstige Gelegenheit, sich die »Kantele« hoch oben auf der Bühne einmal genauer anzuschauen.

Und dann ging es weiter im Programm: Die jungen Musikerinnen entführen ihr Publikum mit dem sehr traditionellen »Hudu-Lied« in den Winterwald, wo ein Mann einsam unterwegs ist – man spürt förmlich seine Schritte im Schnee. Nach soviel Kälte kamen natürlich auch unbeschwerte Melodien zum Sommer zur Geltung ebenso wie Arbeiterlieder aus Estland. Obwohl die meisten Konzertbesucher die Sprache wohl nicht verstanden, wurden sie unweigerlich mit auf eine Reise zu den verschiedenen Lebenssituationen, die die Menschen dort beschäftigt, mitgenommen.

International gefragt

Die beiden bescheidenen Musikerinnen genossen sichtlich den zunehmenden Applaus des begeisterten Publikums und verabschiedeten sich mit einem im wahrsten Sinne des Wortes mitreißendem Tanzlied, bei dem die Beine einfach automatisch im Takt mitwippten. »Danke für den gemeinsamen Nachmittag mit uns!«, so ihre Abschiedsworte.

Einen Tag vorm Konzert in Lauterbach waren sie noch in Talinn, am Tag danach stand ein Auftritt in Lissabon an.

»Das besondere Konzert mit dem Duo aus Estland hat ohne jeden Zweifel unseren musikalischen Horizont erweitert, und das haben wir den Lauterbacher Pfingstmusiktagen zu verdanken!«, stellte ein sichtlich bewegter Musikliebhaber beim Abschied fest.

Quelle: Lauterbacher Anzeiger, "Nordische Klangmagie mit der »Kantele«", 22.05.2024

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