07.06.2022 - Lauterbacher Anzeiger

Trö trö Umbido

Pfingstmusiktage: Eine rätselhafte Entdeckungsreise für Familien, die den musikalischen Erfahrungshorizont erweitert

LAUTERBACH (lill). Es ist dunkel in der Aula des Gymnasiums, in der sich etwa 70 große und kleine Gäste zum Familienkonzert der Pfingstmusiktage eingefunden haben. Und düster, mysteriös und melancholisch beginnt auch das Programm der „Schurken“ Stefan Dunser, Martin Schelling, Martin Deuring und Goran Kovacevic. Auf der Bühne stehen die vier Männer mit ihren Instrumenten – Trompete, Klarinette, Kontrabass, Akkordeon – und strahlen eine gewisse Traurigkeit aus.  Jeder für sich wirkt einsam und ruhelos. In zerrissenem Trenchcoat,  Fliegerbrille, löchrigen Hosen und rutschenden Wollsocken sehen die Künstler ein wenig seltsam aus. Und seltsam klingen sie auch, denn die „Schurken“ überraschen mit einer unverständlichen Fantasiesprache. Sie kommunizieren vor allem über ausdrucksstarke Musik und Gestik miteinander. Es gibt offene Fragen, Konflikte, es wird auch mal laut – und lange  wird nicht ganz klar, wohin diese Entdeckungsreise die Zuhörenden eigentlich führt. Auf den ersten Blick ist dieses Konzert nicht unbedingt das, was Familien von Mainstream Kinderunterhaltung gewohnt sind. Und das ist auch gut so!

Das Programm „Unterwegs nach Umbidu“ ist anders, es ist nicht quietschbunt und albern, sondern emotional und auf eine subtile Art lustig. Es regt die Fantasie an, erweitert den  musikalischen Erfahrungshorizont, lässt viel Raum für Interpretation und eigene Träume. Und weil so etwas bei Kinderprogrammen so selten vorkommt, kann es passieren, dass „Unterwegs nach Umbidu“ Erwachsene zunächst irritiert. Wo ist denn hier die Botschaft, die Moral? Wo der musische Bildungsauftrag, wann kommen die eingängigen Lieder, die alle  sofort mitsingen können? Wird hier eine Geschichte erzählt – und wenn ja, verstehe ich sie richtig? Die Kinder dagegen stört das alles nicht. Sie lachen über das gut gemachte Musiktheater, über das geheimnisvolle Telefon und die charismatischen Künstler, die sogar im Schlaf noch ihre Instrumente spielen und eindrucksvoll vormachen, wie man mit einer Zahnbürste seine komplette Körperpflege verrichten kann. Und ganz zum Schluss sorgt eine Pizzalieferung dafür, dass das große Fragezeichen des Konzerts doch noch aufgelöst wird. Denn dann bekommt das Publikum eine Ahnung, was „Umbidu“ sein könnte, wonach die Musiker sich die ganze Zeit sehnen. Lustigerweise kommen Erwachsene meist auf eine andere Lösung als die Kinder. Und so endet das Konzert ebenso überraschend und rätselhaft, wie es begonnen hat. Trö trö Umbidu?

Quelle: Lauterbacher Anzeiger, "Trö trö Umbidu", 07.06.2022