In jeder Hinsicht gewaltig

Lauterbacher Anzeiger: In jeder Hinsicht gewaltig - 17.05.2016
Sänger und Instrumentalisten begeisterten unter der Leitung des Fuldaer Domkapellmeisters Franz-Peter Huber. Foto: Günkel

17.05.2016 - Lauterbacher Anzeiger

In jeder Hinsicht gewaltig

Von Martin G. Günkel

MUSIK Festliches Pfingstkonzert der Lauterbacher Pfingstmusiktage mit dem „Paulus“-Oratorium

LAUTERBACH - Ein in jeder Hinsicht gewaltiges Werk hatte sich diesmal der Chor der Lauterbacher Pfingstmusiktage für das festliche Pfingstkonzert am Sonntagabend in der Lauterbacher Stadtkirche vorgenommen. Dass Felix Mendelssohn Bartholdys fast dreistündiges Oratorium „Paulus“ bis zum Schluss interessant blieb, verdankte es einer in jeder Hinsicht gelungenen Interpretation.

Es spielte das Orchester L’arpa festante. Die vier Gesangssolisten waren Sabine Goetz (Sopran), Esther Frankenberger (Alt), Christopher Kaplan (Tenor) und Thilo Dahlmann (Bass). Die Leitung hatte der Fuldaer Domkapellmeister Franz-Peter Huber, der einmal mehr seine Partner in Solistenquartett, Chor und Orchester mitzureißen verstand.

Huber hatte viele seiner Fuldaer Chorsänger mitgebracht. Sie, die Lauterbacher Kantorei und weitere Gastsänger ergaben einen riesenhaften Chor, der ebenso riesenhaft klang. Es war nicht nur erfreulich, wie dieser Massenchor sang, sondern auch, dass er aus Sängern aller Generationen bestand, angefangen mit Jugendlichen.

Es war absolut erstaunlich, wie beweglich dieser riesige Chor war. Die Gewaltigkeit und Hektik eines Aufrufes zur Steinigung (Nr. 8) gelang ebenso wie leise Momente, in denen die vielen Sänger beinahe wie ein Kammerchor klangen. Auch alle Zwischenstufen zwischen diesen Eckpunkten rief der Chor ab – immer passend zum jeweiligen musikalischen Moment. Einmal setzt Mendelssohn Bartholdy nur die Frauenstimmen ein, um den Chor als Stimme Gottes auftreten zu lassen. Das ließen die Sängerinnen wirklich wie eine Stimme von oben klingen. Diese Sanftheit, dieses Sphärische – das war einer der Gänsehautmomente im Konzert.

Genauso gut gefiel das, was das Orchester beitrug. Das fing schon bei der Ouvertüre an. Ganz ruhig und feierlich klang sie am Beginn, ehe sie sich ganz langsam zu etwas Monumentalem steigerte. Die Instrumentalisten hatten niemals Scheu vor rauen Stellen, leise Momente kamen umso feiner daher. Auch das Orchester rief alle dynamischen Feinheiten ab, manchmal innerhalb eines einzigen Taktes.

Die originalgetreuen Instrumente, wie sie zur Zeit des Komponisten gespielt wurden, waren ein Gewinn. Vor allem aber wussten die Musiker, mit ihnen umzugehen. Was sie da an Klangfarben abriefen, passte auch immer zum Chorgesang. So sang der Chor laute Beschwerden über Paulus mit blitzenden Sopranstimmen, während das Orchester darunter düstere und zugleich klar konturierte Klänge legte. Die gelungenen Beiträge der Gesangssolisten rundeten die Aufführung ab.

Franz-Peter Huber dirigierte nicht zum ersten Mal bei den Lauterbacher Pfingstmusiktagen. Zuletzt hatte er 2010 beim großen Konzert gastiert und mit seinen Mitwirkenden einen riesigen Anton Bruckner hingelegt, ohne einen zu erschlagen (was bei Bruckner wichtig ist und nicht jedem gelingt). Mit der Art, wie er dem umfangreichen „Paulus“-Oratorium eine Gesamtdramaturgie abgewann, knüpfte er an seinen vorigen Lauterbacher Pfingstauftritt nahtlos an. Nebenbei bemerkt, war es ein Vergnügen ihm beim Dirigieren zuzusehen. Er bewegte sich niemals mehr als nötig, spielte niemals den Dompteur, sondern musizierte gemeinsam mit Sängern und Instrumentalisten, um eine wunderbare Aufführung hinzulegen. Den großen und herzlichen Beifall im Stehen, den es am Ende gab, hatten sich alle Beteiligten verdient.

Quelle: Lauterbacher Anzeiger, "In jeder Hinsicht gewaltig", Link zur Quelle, 17.05.2016

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