Vier der persönlichsten Instrumente

Lauterbacher Anzeiger: Vier der persönlichsten Instrumente - 26.05.2015
Johan Fostier , Giorgio Albani, Luc Vander Borght
und Pia Grees (von links) sind das Gitarrenquartett Take Four. Foto: Günkel

Vier der persönlichsten Instrumente

Von Martin G. Günkel

KLANGVIELFALT Gitarrenquartett Take Four konzertierte zur Eröffnung des musikalischen Veranstaltungsreigens

FRISCHBORN. Die Gitarre gehört zu den persönlichsten Instrumenten, unter anderem weil sie so viele klangfarbliche Möglichkeiten bietet. Das Take Four Gitarrenquartett bietet gleich vier Gitarren auf einmal, also ein umso größeres Spektrum der Klangfarben. In der evangelischen Kirche in Frischborn gaben die Gitarristen ein herausragendes Konzert zur Eröffnung der 43. Lauterbacher Pfingstmusiktage.

Der Franzose Johan Fostier, der Italiener Giorgio Albani, der Belgier Luc Vander Borght und die Deutsche Pia Grees kennen einander aus ihrem Gitarrenstudium in Paris und sind seitdem befreundet. Seit 1998 spielen sie verschiedenste Musik auf ihren Instrumenten. Neben gewöhnlichen Konzertgitarren sind zwei weitere Sechssaiter dabei: eine Bass- und eine Oktavgitarre, also ein deutlich tieferes und ein deutlich höheres Instrument.

Nun gibt es für vier Gitarren nicht allzu viel Literatur und erst recht nicht viel, die den vier Musikern auch gefällt, wie Pia Grees im Rahmen ihrer Moderation verriet. Also hat Ensemblemitglied Luc Vander Borght Musik, die ursprünglich für andere Instrumente geschrieben wurde, für das Quartett arrangiert. Im Text im Programmheft der Pfingstmusiktage heißt es unter anderem, das Ensemble lasse sich „von keinem starren Puristen davon abhalten“.

In Wahrheit bedarf es keiner Rechtfertigung für die Herangehensweise der vier Musiker. Vor allem vor 1800, oft aber auch noch danach, gab es zunächst einmal eine musikalische Idee als solche. Die Frage, mit welchem Instrument sie umgesetzt werden könnte, stand eher an zweiter Stelle. So hat zum Beispiel Johann Sebastian Bach etliche seiner Werke gleich für mehrere Instrumente geschrieben. Zudem ist es noch nicht so lange her, dass
man zum Beispiel Orchestermusik einfach auf Tonträgern hören konnte, wenn entsprechende Konzerte nicht im Angebot waren. Auch das sollten die besagten starren Puristen nicht vergessen. Wichtig sind in der Musik doch eigentlich Melodien, Emotionen, Dynamik, Klangfarben und so weiter.

Als das Gitarrenquartett sein Konzert mit drei Sätzen aus dem Ballett „Gayaneh“ von Aram Chatschaturjan begann, faszinierte von der ersten Sekunde an, wie sie mit Nuancen arbeiteten. Die Musiker ließen ihre Gitarren riesig und orchestral klingen, wenn das passte. In anderen Momenten gelang es ihnen, die vier Sechssaiter wie zwei oder gar nur einen klingen zu lassen. Die ganze Bandbreite nutzten sie. Das gleiche galt für die Farbgestaltung. Für die gibt es auf der Gitarre zum Beispiel die Möglichkeit, die Anschlagsposition zu verändern. Schlägt man weiter vorne über dem Schallloch an, entsteht ein weicherer, wärmerer Ton. Ein Anschlag weiter hinten, näher am Steg, erzeugt einen helleren und auf Wunsch knalligeren Ton. All das nutzten die Musiker konsequent und mit einem wunderbaren Gespür für die Gesamtdramaturgie der jeweiligen Musik.

Die Chatschaturjan-Sätze, darunter der berühmte „Säbeltanz“ gehören zum Programm „Orient-Express“. Zusätzlich spielten die Musiker auch einige Stücke aus ihrem Programm „T ango“, darunter zwei Kompositionen Astor Piazzollas und drei finnische Tangos von Unto Mononen. Das ergab ein rundes und stimmiges Programm. Auf ihrer Reise in den Osten, den die vier Gitarristen mit ihrem „Orient-Express“ machen, besuchen sie zum Beispiel Antonín Dvo ák. Von ihm spielten sie in Frischborn die Streicherserenade in EDur op. 22. Die Instrumente wurden bei jedem Stück von einem anderen Ensemblemitglied gespielt, so dass immer die Stereo-Effekte entstanden, die zu den musikalischen Strukturen am besten passten. Bei der Dvo ák-Serenade spielte Luc Vander Borght als Dritter von links die Bassgitarre. Die Gitarren rechts und links außen waren für die Violinstimmen zuständig, zwischen denen es während der gesamten Komposition Frage-Antwort-Spiele gibt. Die wurden mit dieser Aufstellung und dem entsprechenden Stereo-Effekt transparent. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts war das auch bei Orchestern so üblich, später saßen die beiden Geigengruppen meist nebeneinander. Solche Dinge sind oftmals wichtiger als ein bestimmtes Instrumentarium.

Kurz gesagt: Die vom Quartett gewählten Aufstellungen waren eines der Mittel, mit denen die Musiker die Essenz der Musik zur Geltung brachten. Nichts fehlte in ihren Versionen. So entstanden intensive und wunderbare Interpretationen der bereits genannten Werke und auch von Dmitri Schostakowitschs Jazz-Suite Nr. 1, der „Hebräischen Melodie“ op. 33 von Joseph Achron und drei armenischen Volkstänzen von Komitas Vardapet. Eine kleine Überraschung bot noch die erste der beiden Zugaben, „Schöner Gigolo“. Dieses Stück boten die Musiker außer mit ihren Gitarren auch mit
Satzgesang dar.

Quelle: www.lauterbacher-anzeiger.de, "Vier der persönlichsten Instrumente", Link zur Quelle, 26.05.2015

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