Klangwelten jenseits aller Klischees
KONZERT Harfenduo BelArpa spielte fulminanten Auftakt der 42. Lauterbacher Pfingstmusiktage
LAUTERBACH (Martin G. Günkel).
Jenseits aller Klischees der Harfe bewegt sich das Harfenduo BelArpa, das mit einem fulminanten Konzert im Rokokosaal des Lauterbacher Hohhauses die 42. Lauterbacher Pfingstmusiktage eröffnete. Neben einigen Transkriptionen bekannter Werke spielten die Harfenistinnen Esther Köninger und Jenny Ruppik etliche Originalkompositionen für ihre Besetzung.
Die Klangwelten, in die sie ihr Publikum dabei entführten, waren in jeder Hinsicht außergewöhnlich. Ihre anschaulichen Moderationen taten ein Übriges, um dem Publikum die teils ungeahnten Möglichkeiten dieser Instrumente näherzubringen. Beide Musikerinnen spielen Doppelpedal-Harfen, wie sie bei Symphonie-Orchestern zum Einsatz kommen. Anders als die keltische Harfe bietet die Doppelpedalharfe die Möglichkeit, chromatisch zu spielen.
Das Prélude aus Johann Sebastian Bachs dritter Violinpartita war das Eingangsstück. Bachs Musik behält in
unterschiedlichsten Arrangements ihren Charakter – und das galt auch für diese Komposition für unbegleitete Geige in einer dick angelegten Version für zwei Harfen. Die stehen miteinander in einem Dialog, indem sie einander mit der Führungsstimme abwechseln. Das vollzogen die Harfenistinnen sehr flüssig nach. Ihre Interpretation war bewegt und kräftig und war schon dadurch weit weg von allen möglichen Harfen-Klischees.
Johann Ladislaus Dussek hat für seine Frau ein Duett für Harfe und Klavier geschrieben, zu dem er ausdrücklich vermerkt hat, dass es auch mit zwei Harfen gespielt werden darf. Hier nutzten die Musikerinnen das ganze dynamische Spektrum ihrer Instrumente und ließen es dabei an den richtigen Stellen auch mal knallen. Auch
die vier Präludien op. 16 von Marcel Tournier sind eine Originalkomposition für zwei Harfen. Passend zur Satzbezeichnung („ Tranquillo“) war das erste dieser Präludien ruhig, aber eben nicht schleppend, was der Musik sehr zugute kam. Beim zweiten Präludium beherzigten die Musikerinnen ebenfalls, dass „nicht zu schnell“ keineswegs „langsam“ bedeutet. Sie spielten zügig, ohne aber jemals die Melodik zu verwischen.
Nacheinem Gedicht von Heinrich Heine hat Franz Poenitz sein Harfenduett mit dem Titel „Die spukhafte Gavotte“ geschrieben. Mit dieser Komposition schufen die Harfenistinnen eine geheimnisvolle und märchenhafte Atmosphäre. Zwischen zwei kräftigen Außenteilen findet sich ein sehr zarter Mittelteil – ein Kontrast, der den Interpretinnen ebenso gelang wie ihr Spiel mit Steigerungen.
Der 1941 geborene Bernard Andrès verwendet in seinem Harfenduett „Parvis“ besondere Spieltechniken und Effekte, unter anderem das Anschlagen der Saiten mit dem Holzgriff eines Harfen-Stimmschlüssels, den bei der Harfe sonst unüblichen Nagelanschlag oder auch das Klopfen auf die Saiten. Die Harfenistinnen erklärten diese Effekte vor dem Stück und fügten scherzhaft hinzu: „Und dann können Sie aufpassen, ob wir das auch alles machen.“ Köninger und Ruppik boten eine spannungsreiche Interpretation des Stücks.
Mit Wolfgang Amadeus Mozarts Klaviersonate in C-Dur, KV 545 und Claude Debussys „Clair de lune“ standen zwei grandios umgesetzte Transkriptionen auf dem Programm, ehe mit „Chansonde la nuit“ von Carlos Salzedo eine weitere Originalkomposition folgte. Salzedo verwendet ähnliche Effekte und Spieltechniken wie der erwähnte Bernard Andrès –und schafft damit eine Musik, bei der man träumen und im Klang baden kann. Von Salzedo stammte auch die Transkription des fünften Spanischen Tanzes von Enrique Granados, die die Harfenistinnen spielten –und auch hier tauchen besagte Spezialeffekte auf. Auch der erste der Spanischen Tänze von Manuel de Falla durfte nicht fehlen.
Besonders starke dialogische Strukturen bietet das Harfenduett „Cambria“ von John Thomas. Esther Köninger
und Jenny Ruppik spielten diesen musikalischen Dialog auf unbeschreibliche Weise und gestalteten so ein wunderbares Finale des Konzerts. Für den zu Recht lang anhaltenden Beifall bedankten sich die Musikerinnen mit einem verführerischen Tango.
Quelle: Printausgabe Lauterbacher Anzeiger, "Klangwelten jenseits aller Klischees", Link zur Quelle, 11.06.2014