Wehender Geist und Freuden-Rakete

Großes Pfingstkonzert begeistert das Publikum in der Stadtkirche

Lauterbacher Anzeiger: "Wehender Geist und Freuden-Rakete" - 23.05.2024
Prof. Felix Koch leitete das große Ensemble beim großen Pfingstkonzert in der Stadtkirche. Foto: Eigner

23.05.2024 - Lauterbacher Anzeiger

Wehender Geist und Freuden-Rakete

Großes Pfingstkonzert begeistert das Publikum in der Stadtkirche

Lauterbach (eig). Die Lauterbacher Pfingstmusiktage feierten in diesem Jahr bekanntlich ihren 50. Geburtstag. Und passenderweise gab es zum traditionellen Höhepunkt der Konzertreihe, dem festlichen Pfingstkonzert am Abend des Pfingstsonntags, auch »richtige« Pfingstmusik zu hören, also Kompositionen, die eigens für das nach Ostern und Weihnachten wichtigste Fest der Christenheit geschrieben wurde. Dass es sich hierbei um Werke aus dem überreichen Schaffen von Johann Sebastian Bach handelte, war dem Jubiläum angemessen. Denn immerhin gilt Bach gemeinhin nicht nur als größter Komponist aller Zeiten, sondern war ein nicht minderbedeutender Kirchenmusiker.

Beeindruckend wirkte auch die große Schar der Sängerinnen und Sänger im »Chor der Lauterbacher Pfingstmusiktage«, der sich wie alljährlich zu diesem Ereignis zusammenfand und auch im Jubiläumsjahr vom Orchester »Neumeyer Consort« mit seinen Instrumenten begleitet wurde. Für die Arien zeichneten mit Emilie Jonsson (Sopran), Jara Kanzler Schmidt-Hemmet (Alt), Nikolas Groth (Tenor) und Daniel Semsichko (Bass) vier ausgezeichnete junge Solisten verantwortlich. Die Leitung lag an dem Abend in bewährten Händen von Prof. Felix Koch von der Hochschule für Musik und der Gutenberg-Universität Mainz.

Ein besonderes öffentliches Lob hatte Felix Koch für Claudia Regel als künstlerische Leiterin der Konzertreihe. Ihr sei es gelungen, den großen Chor binnen nur zwei Tagen aus den Mitgliedern der Lauterbacher Kantorei wie auch des Chores der Universität Mainz sowie Auswärtigen – vom Vogelsberg bis aus Schwerin – auftrittsreif zusammenzufügen. »Halten Sie sie hier!«, meinte Felix Koch denn auch in Richtung der Lauterbacher. Und das Konzert hatte zahlreiche Zuhörerinnen und Zuhörer, denn die Lauterbacher Stadtkirche war auch an diesem Abend nahezu ausverkauft. Mit dem Eingangschor »Wer mich liebet, der wird mein Wort halten« (BWV 74) eröffnete die Darbietung. Ein Werk, das an das 14. Kapitel des Johannesevangeliums anschloss – und bei dem Bach, für Kenner hörbar, auch Teile einer seiner früheren Kantaten in veränderter Form wieder verwendet hatte. Denn gerade an hohen Feiertagen wie Pfingsten musste der Komponist in seiner Eigenschaft als Leipziger Thomaskantor fristgerecht eine große Menge anMusik »liefern«.

Die Streichinstrumente durften sich beim 3. Satz des Cembalokonzerts in D-Dur (BWV 1054) auszeichnen, wobei das namensgebende Cembalo einige Passagen tatsächlich alleine spielte und in anderen von den Streichern mit flächigen Harmonien oder auch einem dezenten Einwurf begleitet wurde. Festlich und prachtvoll begann die Kantate »Lobet Gott in seinen Reichen« (BWV11), Bachs berühmtes Himmelfahrtsoratorium. Die Kantate versinnbildlichte die Himmelfahrt Christi, der Choral mit seiner tiefen Lage auch die Niedrigkeit der Erde, von der sich Christus gelöst hatte. Mit fast schwebendem Klang ging es hier himmelwärts.

Im zweiten Teil des Konzerts ertönte die äußerst beliebte Kantate »Erschallet, ihr Lieder« (BWV 172), und der Name ist hier Programm. Denn der schwungvolle und prächtige Eingangschor wurde durch den triumphierenden Klang der drei Trompeten unterstützt. Die fließenden Auf- und Abbewegungen der Streichinstrumente verklanglichten das Wehen des Geistes, eines der zentralen Themen am Pfingstfest. In den Stimmen der Altistin und des Soprans traten schließlich Heiliger Geist und Seele anmutig in den Dialog. Als glanzvolles Finale kam schließlich die Wiederholung des Eingangschors.

Das Pfingstfeuer kam
schließlich mit der Kantate »O ewiges Feuer« (BWV 34) zum Lodern. Schwungvoll wurden hier die Bewegungen, insbesondere der Violine, zum in Klänge übersetzten Züngeln der Flammen. Lange ausgehaltene Töne symbolisierten die zeitlose Ewigkeit. Das folgende Duett mit Flöte und Violine zauberte ein beschauliches Hirtenidyll und regelrechte Glücksgefühle in das Kirchenschiff.

Eine besondere Herausforderung, die von der großen Sängerschar gemeistert wurde, war die Durchmischung der einzelnen Stimmen. Denn alle mussten miteinander abgestimmt sein. Hinzu kam, dass Bach diese Kantate nicht gerade sehr singfreundlich geschrieben hatte. Zum Abschluss zündete aber eine regelrechte »Freuden-Rakete«. Den über eine Minute lang konstant anhaltenden Beifall, der die grandiose Leistung krönte, hatte Felix Koch bereits »befürchtet«.

Als eine kleine Zugabe spendierten die Mitwirkenden noch einmal einen Ausschnittaus dem Himmelfahrtsoratorium.

Quelle: Lauterbacher Anzeiger, "Wehender Geist und Freuden-Rakete", 23.05.2024

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