Minimalistisch, orientalisch, literarisch
Minimalistisch, orientalisch, literarisch
Von Martin G. Günkel
KONZERT Trio lézarde jazz gastierte bei den 43. Lauterbacher Pfingstmusiktagen
LAUTERBACH - Grenzen kennt die Lauterbacher Cellistin und Komponistin Anka Hirsch weder bei Ländern noch bei musikalischen Genres. Ihr Trio lézarde jazz ist eines der Beispiele dafür. Bei den 43. Lauterbacher Pfingstmusiktagen präsentierte die Formation im Rokokosaal des Lauterbacher Hohhauses eine Mischung, in der europäische und orientalische Einflüsse ebenso eine Rolle spielten wie Folklore, Jazz und die sogenannte Neue Musik.
Das Trio lézarde jazz besteht aus Anka Hirsch (akustisches und elektrisches Cello), Meike Goosmann (Alt- und Tenorsaxophon, Bassklarinette) und Christoph Hillmann (Percussion). „Also, ich kenne, ehrlich gesagt, keine andere Band, die in dieser Besetzung spielt“, sagte Anka Hirsch, die das Konzert anschaulich moderierte. Die meisten Kompositionen im Programm stammten von ihr, aber auch die beiden anderen Musiker hatten jeweils zwei Stücke beigesteuert.
Gleich beim Eingangsstück wurde deutlich, was mit dem Motto der Band gemeint ist: „minimal global chamber music“ (deutsch: „minimale globale Kammermusik“). Die Minimal Music ist eine Richtung der sogenannten Neuen Musik, die – wie ihr Name sagt – auf einfachste Strukturen setzt. Anka Hirsch und Meike Goosmann spielten während dieses ersten Stücks, aber auch bei späteren, sehr einfache und überaus klar gegliederte Melodien mit kurzen Phrasen. Die Melodik war deutlich orientalisch geprägt. Komplex, aber dennoch eingängig waren die rhythmischen Figuren, die Christoph Hillmann auf seinen vielen Percussion-Instrumenten hinlegte. Dazu gehörten unter anderem eine türkische Darabuka, ein Cajon, ein Udu (ein Percussioninstrument, das wie eine Vase aussieht) und das neu auf den Markt gekommene Batajon.
Zu Hillmanns Instrumentarium gehört auch eine chromatische Kalimba (ein kleines Instrument mit Metallstreifen zum Anzupfen). Sie spielt bei Hirschs Komposition „Pictures“ eine zentrale Rolle. Überaus virtuos wurde sie von Hillmann bedient, es war verblüffend, was er alles aus der Kalimba herausholen konnte. Hirsch unterlegte das mit einem überaus entspannt gezupften Riff (so nennt man eine markante wiederkehrende Figur). Minimalistisch war das Kalimba-Spiel nicht, wohl aber der Cello-Part.
Wie viele andere Stücke basiert „Pictures“ auf einer literarischen Vorlage, nämlich Hilde Domins Gedicht „Apfelbaum und Olive“. Andere Stücke basierten auf Gedichten des türkischen Autors Nâz?m Hikmet, zu dem das Trio auch schon ein komplettes Programm gemacht hat. Eine weitere Komposition Hirschs trägt den Titel „sich sonnen“. Das ist ein Spiel mit dem Namen des Trios: „lézarde“ ist das französische Wort für „Eidechse“, und „sich sonnen“ heißt im Französischen „faire le lézarde“. Zum Symbol für seine Musik hat das Trio die Eidechse deshalb gewählt, weil sie auch ein Symbol für Inspiration und Träume ist.
Wie Anka Hirsch zu Recht sagte, passten auch die Stücke Goosmanns und Hillmanns gut ins Programm. Goosmanns „Alice“ bezieht sich auf den Holocaust und wirkte sehr beklemmend und entrückt. Es hatte zerklüftete Strukturen und pochende Percussionklänge. Gongschläge wirkten wie aus einer anderen Welt. Eine positive Atmosphäre hatten Hillmanns Stücke. Bei „Kyrilis“ kam ein weiteres Mal die Kalimba auf die beschriebene Art und Weise zum Einsatz. Nicht nur hochmoderne Musik kommt im Schaffen des Trios vor. So spielten die Musiker als Zugabe das Volkslied „Vöglein“ in einer modernisierten Version.
Quelle: www.lauterbacher-anzeiger.de, "Musikalische Tradition trifft auf Experimentierfreude", Link zur Quelle, 26.05.2015