Morricone und "Pink Panther" auf gläsernen Instrumenten

Wiener Glasharmonika
Foto: Pfingstmusiktage

Pfingstmusiktage: Das Wiener Glasharmonika-Duo verzauberte das Publikum

erschienen bei Lauterbach-Anzeiger am 29.05.2012 

von Martin Krauss - LAUTERBACH.  Fast jeder hat schon einmal gehört, wie jemand mit angefeuchteten Fingern auf unterschiedlich gefüllten Weingläsern Musik gemacht hat. Die Glasharmonika und das Verrophon, Instrumente, die das Wiener Glasharmonika-Duo Christa und Gerald Schönfeldinger bei den Lauterbacher Pfingstmusiktagen im Rokokosaal des Hohhauses vorstellten, sind aber noch ein anderes Kaliber. Dort entsteht ein Klang, der zumindest in Konzertatmosphäre zunächst leicht befremdet, aber auch auf ganz eigentümliche Weise anrührt. Es entstehen Assoziationen von Zerbrechlichkeit, einer tiefen Klarheit, auch einer gewissen Schärfe, und man vermeint die Schwingungen der Töne beinahe physisch zu erfahren.

Schon rein optisch passte dieses außergewöhnliche Konzert nirgendwo besser hin als in den Rokokosaal. Die Glasharmonika mit ihren goldenen Bändern schien zum Kronleuchter in Kristall und Gold direkt dazu zu gehören. und durch die geöffneten Fenster verfing sich das Licht in den Röhren des Verrophons, Was es mit diesen Instrumenten auf sich hat, brachten Christa und Gerald Schönfeldinger nicht nur mit ihrer Musik, sondern auch mit kompetenten Erklärungen dem Publikum nahe.

Die Glashamionika, im Jahr l76l von Benjamin Franklin erfunden, besteht aus unterschiedlich großen Glasschüsseln, die der Reihe nach auf einer drehbaren Achse befestigt sind. Mit Pedalen in Rotation versetzt, kann man auf den Schüsseln mit befeuchteten Fingern greifen wie auf einer Klaviatur, wobei mehr Druck höhere Lautstärke ergibt. Die Goldränder auf einigen Schüsseln sind wie die schwarzen Tasten am Klavier angeordnet. Man kann also lang anhaltende Töne und auch Akkorde spielen und diesen eigenartig schönen Glasklang recht virtuos handhaben. Das Verrophon wiederum erinnert auf den ersten Blick an ein Vihraphon. Verschieden lange Glasrohre sind senkrecht angeordnet wie Orgelpfeifen und werden entweder mit befeuchtetem Finger am oberen Rand angestrichen oder mit dem Klöppel angeschlagen.

Christa und Gerald Schönfeldinger entführten das zahlreiche Publikum zunächst in das Österreich des I8. und I9. Jahrhunderts, in denen die Glasharmonika eine gewisse Popularität besaß. Dazu passte die Musik‚ die sie vorstellten. denn es gibt tatsächlich Originalliteratur für dieses Instrument, von keinem geringeren als Wolfgang Amadeus Mozart. Interessant war es aber auch, Musik, die man ganz anders kennt. In dem filigranen Glasklang zu vernehmen. So die zwei Tänze aus Böhmen und Siebenbürgen „Un naesho Batty". die man sonst eher von Mittelalterensembles hört, oder gar Franz Schuberts „Ave Maria“. Dass der spezielle Klang gut zu Erik Saties Musik passen würde und vielleicht gar zu der des Esten Arvo Pärt in dessen meditativen Art, konnte man erwarten. Nicht nur wegen des Namens lag auch die Interpretation von Musik des Minimal-Music-Komponisten Philipp Glass nahe, der auch viele Filmmusiken komponiert hat. Die geheimnisvolle Spieluhr-Melodie aus dem Film „Candyman“ ging sehr unter die Haut. Auf die Idee, Filmmusik von Morricone auf Glasinstrumenten zu spielen, wären aber viele sicher nicht gekommen, aber selbst das funktionierte auf seine Weise sehr gut.

Christa Schönfeldinger spielte die Glasharmonika souverän, und auch Gerald Schönfeldinger verstand es, das Verrophon ausdrucksstark in Szene zu setzen. Beide sind studierte Violinisten und Profi-Musiker, was einen nicht nur technisch ansprechenden Konzertgenuss garantierte. Obwohl es (das lag in der Natur der Sache) ein sehr ruhiges Konzert war, gab es äußerst regen Applaus. Die Zugabe war freilich mehr als Scherz aufzufassen:
Das „Pink Panther Theme" von Henri Mancini konnte im flirrenden Glas-Sound natürlich gar nichts Verruchtes mehr ausstrahlen. Dennoch war dieses Konzert eine erhebliche Bereicherung für die Zuhörer mit meditativem und fast therapeutischem Charakter.

Quelle: Printausgabe Lauterbacher Anzeiger, "Morricone und "Pink Panther" auf gläsernen Instrumenten" , Link zur Quelle, 29.05.2012

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