Albert Schweitzer mit einem Konzert geehrt
Historisches Orgelkonzert mit Martin Lücker
erschienen bei Lauterbach-Anzeiger am 14.06.2011 (von Martin G. Günkel)
Albert Schweitzer war unter anderem Arzt, Theologe, Bach-Forscher und Organist - und genoss auf allen diesen Gebieten große Wertschätzung. Diese verschiedenen Tätigkeiten, und nicht nur das Orgelspiel, spielten bei seinen Konzerten eine Rolle. Denn sein Hauptansinnen war es, Geld für sein Spital in Lambarene zu verdienen. Bei der Programmgestaltung spielten theologische Aspekte ebenso eine Rolle wie seine Forschungsergebisse zu Johann Sebastian Bach.
Der Organist Martin Lücker gab bei den Lauterbacher Pfingstmusiktagen ein Konzert, dessen Programm identisch war mit dem eines Auftritts von Albert Schweitzer am 28. Oktober 1928 in der St. Katharinenkirche in Frankfurt am Main. Die Chorbeiträge, die in Schweitzers Konzert stets von den jeweils heimischen Chören kamen, übernahm bei der Nachempfindung bei den Pfingstmusiktagen das Lauterbacher Vokalensemble unter der Leitung von Kantorin Claudia Regel.
Bevor das eigentliche Konzert begann, hielt Martin Lücker eine hoch interessante, anschauliche Einführung, in der er darlegte, welche Ideen sich hinter Schweitzers Programmgestaltung verbargen. Außerdem erklärte er, was für ihn das Nachempfinden eines Konzerts von Albert Schweitzer bedeutet.
Es könne nicht darum gehen, das Konzert zu rekonstruieren. Mit Albert Schweitzer habe eine ganz besondere Persönlichkeit die Orgel gespielt. Wie Lücker in seinem Text im Programmheft der Pfingstmusiktage erklärte, war Schweitzer als „Urwald-Doktor“ zu einem „Symbol gelebter Nächstenliebe“ geworden. Das habe für das Publikum beim Erleben dieser Konzerte eine entscheidende Rolle gespielt. Das Ziel eines solchen Konzerts bestehe also darin, die Persönlichkeit Albert Schweitzers zu ehren, „der die Gnade empfangen hatte, Musik, Theologie und Humanität auf beispielsetzende Weise verbinden zu dürfen“. Das ist auch Lücker und dem Lauterbacher Vokalensemble gelungen, und zugleich war das Konzert als musikalisches Erlebnis an sich absolut grandios.
Für die Programmgestaltung wird oft empfohlen, mit einem Stück anzufangen, das möglichst viele Hörer kennen. Albert Schweitzer begann mit Toccata und Fuge d-Moll von Johann Sebastian Bach, das wohl bekannteste Orgelwerk des Komponisten. Martin Lücker bot eine grandiose Interpretation, bei der er nie zu dick auftrug.
Was folgte, waren vier Choralbearbeitungen Bachs, mit denen Albert Schweitzer wesentliche Stationen von Jesu Leben ansprechen wollte: Advent, Weihnachten, Passion und Abendmahl. Jeweils nacheinander erklangen Bachs Choralvorspiel und seine Choralbearbeitung. Schweitzers „Geschichte der Leben-Jesu-Forschung“ gilt als wegweisend.
Mittendrin präsentierte Schweitzer seinerzeit Bachs Fuge A-Dur BWV 536. Schweitzer erklärt in seiner Bach-Biographie, dass das Thema dieser Fuge sich von der Kantate „Tritt auf die Glaubensbahn“ ableite.
Mit Präludium und Fuge h-Moll BWV 544 stand ein weiteres Orgelwerk von Bach auf dem Programm, ehe Felix Mendelssohn-Bartholdys Sonate d-Moll op. 65, Nr 6 den Abschluss bildete. Diesem Werk wurde Lücker ebenso gerecht wie der Musik Bachs. Es strahlt eine große Spiritualität aus, die der Organist wunderbar transportierte. Wenn es dann doch mal für einen Moment bombastisch wurde und die Musik sich in virtuoseren Läufen erging, schaffte es Lücker, das voll auszuspielen, ohne den spirituellen Charakter zu beschneiden.
Sowohl Martin Lücker als auch das Vokalensemble boten hervorragende Aufführungen. Leider waren die Sitzreihen der Kirche nur halb besetzt. Das ist bei Konzerten mit Solo-Orgel oft der Fall, was offenkundig mit bestimmten Vorbehalten vieler Hörer zu tun hat. Dabei sind Konzerte dieser Art mit einem Organisten wie Martin Lücker grandiose Erlebnisse, wie man unter anderem bei den Pfingstmusiktagen erleben konnte.